Montag, 7. Januar 2008

Oldsmobile 442



1968 Hurst/Olds
1968 Hurst/Olds
In unregelmäßigen Abständen versorgt Tino ''CudaCatcher '' Lange die Chromjuwelen mit kompakten Wissenspaketen. So hat uns Tino z.B. über Yenko aufgeklärt, den AMC AMX nähergebracht und den Buick GSX vorgestellt. Sein Interesse gilt dabei eher den etwas kantigeren und eigenwilligeren Modellen aus der Muscle-Car-Ära. Jetzt hat Tino wieder zugeschlagen - und widmet sich dem Oldsmobile 442 ...

''Der neue Oldsmobile ist früh rausgekommen dieses Jahr!'' stellten die Blues Bothers Jake und Elwood 1980 fest, während sie in ihrem Dodge Monaco durch ein Einkaufszentrum donnerten. Das war bis dahin, abgesehen vom diesjährigen Remake des Horrorklassikers ''The Hitcher'' oder ''Demolition Man'' (jeweils mit einem Oldsmobile 442 in der Hauptrolle), der vielleicht coolste Auftritt von Oldsmobile in der Filmgeschichte. Zugegeben - viel ist das nicht. Vielleicht liegt das am etwas trutschigen Image der 2004 von GM eingestellten Automarke. Denn Oldsmobile ist einer dieser Namen, die von US-Car-Enthusiasten und vor allem Muscle-Car-Liebhabern gerne links liegen gelassen wird. Warum? Wir haben keine Ahnung. Und wer gleich mehr zum Stichwort ''Hurst/Olds'' erfährt, wird uns beipflichten.

Ransom Eli Olds
Ransom Eli Olds
Doch erstmal kurz zur Einordnung der Bedeutung von Oldsmobile für die Automobilhistorie an sich: Die Firma wurde bereits 1897 von Ransom Eli Olds in Lansing, Michigan, gegründet und ist damit nach Daimler und Peugeot eine der ältesten Autoschmieden der Welt. Und nicht nur das: Der von 1901 bis 1904 gebaute ''Olds Automobile Curved Dash'' war das erste in Großserie am Band gebaute Automobil, sieben Jahre vor Fords ''Model T''. Das schicke Gefährt regte Gus Edwards und Vincent Bryan 1905 zum Lied ''In My Merry Oldsmobile'' an - der Song wurde nicht nur zum bis heute bekannten ersten Auto-Hit, sondern inspirierte auch General Motors, welche die ''Olds Motor Vehicle Company'' 1908 kauften und unter dem Namen ''Oldsmobile'' weiterführten. Bis eben am 29. April 2004 ein Alero GL als letzter von 35 Millionen Oldsmobiles die Linie in Lansing verließ. 107 Jahre Automobilbau, Innvationen und große Verkaufserfolge bis in die 80er werden nun langsam ebenso in Vergessenheit geraten, wie zum Beispiel auch die Tatsache, dass Oldsmobil auch in den Muscle-Wars der 60er einen der ersten und später auch einen der heftigsten Schüsse abfeuerte. Ja wie?

Im Jahr 1964, als Pontiac (GTO), Ford (Mustang) und Plymouth (Barracuda) zu den Waffen griffen, wollte auch Oldsmobile nicht abseits stehen und präsentierte die ''442''-Option (''four-barrel carburetor, four-speed transmission, two-plate clutch'') für die F85- und Cutlass-Midsize-Modelle. Dieses Performance-Paket für Motor, Aufhängung und Getriebe beinhaltete auch einen aufgebohrten 5,4-Liter-Block mit 310 PS und 481 Newtonmetern Drehmoment. Damit konnte man in für diese Zeit respektablen 15,5 Sekunden die Vierteilmeile runterballern, was 3000 Käufer auch taten. Bis 1967 wurde dieses Paket enorm verdichtet und maximiert, bis man am Ende sogar den legendären W30-Motor ordern konnte, was die Viertelmeilenzeit in einem 442 auf 14,1 Sekunden - ab Werk - drückte.

1968 wurde der 442 (jetzt Kürzel für ''400 cubic inches, 4-barrel carburetor, 2 exhausts'') dann ein eigenständiges Modell im typischen GM-Fastback-Design, welches die geschwungene Form von GTO und Chevelle etwas aufgeblasen aufnahm. Mit seinen standardmäßigen 350 PS (W30: 360 PS) hatte der 442 schon ordentlich Puste, aber das war der Werbefigur ''Doc Oldsmobile'' (ein etwas alberner irrer Professor) noch nicht genug, und so wurde 1970 und 1971 sogar der dicke 7,5-Liter ''Olds 455''-Block in den Motorraum gequetscht, der bis zu 420 Pferde 13,7 Sekunden lang über die Quartermile peitschte – oder als offizielles Pacecar über das Rennoval bei den Indianapolis 500. Kein Wunder, dass z.B. Motor Trend angesichts des 442 am Hosenstall nestelte: ''das wahrscheinlich erkennbarste Supercar von GM!''

Und das war immer noch nicht genug. Schließlich hatte Oldsmobile 1968 und 1969 auch noch den ''Hurst/Olds'' zu bieten, ein zusammen mit Performanceteil-Hersteller Hurst zusammen konzipiertes Vehikelchen für den ganz gepflegten Gummiabrieb. Auf Basis des 1968er 442 wurde alles in den Karren gehievt, was Vortrieb schafft, inklusive dem 455ci-''Rocket V8''-Block mit 390 PS. Bemerkenswert waren auch die optischen Details: 1968 war der Hurst/Olds nur in Silver mit schwarzen Applikationen und Felgenspeichen erhältlich, 1969 nur im Hurst-stilechten, sehr sehenswerten weiß/gold. Die 1968 nur 515 und 1969 nur 913 gebauten Hurst/Olds waren zwar nicht gerade die Verkaufsschlager, umso gesuchter sind Originale aber heute (80.000 Dollar und mehr sind keine Seltenheit). Und für den armen Pinstriper, der sämtliche Fiberglass-Hauben der Hurst/Olds verzieren musste, düften es genug gewesen sein ...

Wie gesagt: Auch Oldsmobil hatte in der Muscle-Ära mit dem 442 ein gewaltiges Gerät anzubieten, und genauso tragisch wie seine Kollegen von Camaro bis Cuda endete auch seine Geschichte. Ab 1972 bis 1991 wurde 442 wieder zur Ausstattungsvariante degradiert, und auch die bis 1984 immer mal wieder neu aufgelegten Hurst/Olds-Editionen hatten mit ihren Urvätern aus den späten 60ern immer weniger gemein. Wie tief der 442 am Ende gesunken war, beweist ein Blick auf die 1991er 442-Option für den Oldsmobile Cutlass Calais: ''Four, cylinders, four valves, two camshafts''.

In My Merry Oldsmobile
In My Merry Oldsmobile
Nein, da geht man doch lieber mit dem 69er Hurst/Olds auf die Bahn, schmeisst den 8-Track an und summt artig mit:

Come away with me, Lucille,
in my merry Oldsmobile!
Down the road of life we'll fly,
automobubbling, you and I.


Mehr Infos und Bilder speziell zum Hurst/Olds: www.hurstolds.com

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